Riester-Verträge

Riester-Verträge

Bei Riester-Verträgen zur Altersvorsorge gibt es eine Anspar-und eine Auszahlungsphase. Sparer können entscheiden, ob sie eine monatliche Rente bis an ihr Lebensende wollen, die Leibrente, oder ob Ihnen ein Teil des Geldes sofort ausgezahlt werden soll.

Eine staatliche Förderung von Altersvorsorgeverträge setzt voraus, dass das Produkt zertifiziert sein muss. Hierfür überprüft die Zertifizierungsstelle den zwischen dem Anbieter und dem Vertragspartner geschlossenen Vertrag im Wesentlichen dahingehend, ob tatsächlich ein Altersvorsorgevertrag im Sinne des § 1 Abs.1, 1a Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz (AltZertG) und die formellen Anforderungen (§ 4, 5) vorliegen. Eine Prüfung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit und der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Vertragsbedingungen erfolgt gemäß § 3 Abs.3 AltZertG ausdrücklich nicht. Bei der zivilrechtlichen Ausgestaltung muss es sich um einen einheitlichen Vertrag handeln, wobei Wahlrechte oder einseitige Leistungsbestimmungsrechte nicht ausgeschlossen sind.

Das AltZertG enthält zudem trotz seines Charakters als öffentlich-rechtliches Regelwerk auch einige Pflichten der Anbieter von Altersvorsorgeverträgen, die auf zivilrechtlicher Ebene wirken. Dazu gehören das Rücktrittsrecht (§ 7 Abs.3) und das Widerrufsrecht (§ 7c) des Vertragspartners.

Altersvorsorgeverträge sind gegenseitige Verträge, bei denen sich Leistung und Gegenleistung in gegenseitiger Abhängigkeit gegenüberstehen (Synallagma). Die nördliche Ausgestaltung der Verträge ergibt sich daher unter Beachtung bestimmter Gestaltungsverbote - und Gebote aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit. Bei solchen Massenverträgen können allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) verwendet werden, um einheitliche Regelungen zu schaffen. AGB’s sind für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen. Da diese Vertragsbedingungen von dem Verwender einseitig gestellt werden, unterliegen sie einer besonderen gesetzlichen Kontrolle. D.h., solche AGB-Klauseln sind nicht immer wirksam und verbindlich.

Zins- und Kostenklauseln in Altersvorsorgeverträgen

Zins-, Zinsanpassungs- und Kostenklauseln waren schon länger Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten. Diese Klauseln enthielten u.a. Vereinbarungen, die es dem Anbieter von Altersvorsorgeverträgen ermöglichen sollte, den Zins nach eigenem Ermessen anzupassen oder dem Kunden bei Vereinbarung einer Leibrente Abschluss- und Vermittlungskosten aufzuerlegen.

Zu prüfen ist, ob es sich bei den Klauseln um AGB im Sinne der §§ 305 ff BGB handelt und diese damit einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff BGB unterliegen.

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist dabei auf den Empfängerhorizont abzustellen (BGHZ 133, 184). Demnach liegen AGB vor, wenn ein allgemeiner Hinweis nach seinem objektiven Wortlaut bei dem durchschnittlichen, rechtlich nicht vorgebildeten Empfänger den Eindruck hervorruft, dass damit der Inhalt eines vertraglichen Rechtsverhältnisses geregelt werden soll (BGHZ 133, 184).

Urteil des OLG München vom 20.10.2022, 29 U 2022/21

In diesem Urteil wurde eine Berufung der Sparkasse Günzburg gegen ein Urteil des Landgerichts München zurückgewiesen, 27 O 230/20.

Das Gericht führt aus, dass Zinsklauseln, die eine negative Verzinsung in einem Altersvorsorgevertrag nicht ausschließen, eine unangemessene Benachteiligung des Sparers darstellen, da ein negativer Zins vom gesetzlichen Leitbild des § 488 Abs. 1 (2) BGB abweicht und deshalb gemäß § 307 Abs. 3 (1) BGB unwirksam ist.

Bei Verwendung von Kostenklauseln, die dem Sparer Abschluss- und/oder Vermittlungskosten bei Vereinbarung einer Leibrente auferlegen, liegt zudem ein Verstoß gegen das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 (2) BGB, sofern die Klausel keine konkreten Angaben enthält, unter welchen Umständen die Kosten fällig werden, den Zeitpunkt und die Höhe der Kosten und damit nicht klar- und verständlich formuliert worden ist.

Urteil des Landgericht Dortmund vom 01.09.2020, 25 O 8/20

Auch das Landgericht Dortmund hat in seinem rechtskräftigen Urteil hinsichtlich der Formulierung betreffend die Auszahlungsphase eines Altersvorsorgevertrages einen Verstoß gegen das Transparenz- bzw. Bestimmtheitsgebotes, § 307 Abs. 1 (2) BGB bejaht.

Zudem hat das Gericht auch die Zinsanpassungsklausel der Sparkasse Westmünsterland in ihren alten Sparverträgen als unwirksam erklärt. Dies wurde u.a. damit begründet, dass es sich bei der streitgegenständlichen Klausel um eine nach § 307 Abs. 1 (2), Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3, 308 Nr. 4 BGB unwirksame allgemeine Geschäftsbedingungen handelt (BGH XI ZR 140/03).

Die Urteile haben zur Folge, dass die Klauseln unwirksam bzw. nicht Vertragsbestandteil geworden sind, § 306 Abs. 1 BGB. Die Kunden bzw. Sparer können die ihnen auferlegten Abschluss- und/oder Vermittlungskosten zurückfordern oder haben einen Anspruch auf Nachbesserung bzw. Neugestaltung der Auszahlungsphase.

Mitgestaltung der Auszahlungsphase durch den Kunden

Hinsichtlich der Gestaltung der Auszahlungsphase zertifizierter Altersvorsorgeverträge enthält § 1 Abs. 1, Abs. 1a AltZertG die rechtlichen Rahmenbedingungen.

Das Leistungsspektrum zertifizierter Altersvorsorgeverträge umfasst u.a. gem. § 1 Abs. 1, S. 1 Nr. 1 (4a) die Möglichkeit einer lebenslangen monatlichen Leibrente oder Ratenzahlungen im Rahmen eines Auszahlungsplanes mit einer anschließenden Teil-Kapital-Verrentung ab spätestens dem 85. Lebensjahr des Sparers, wobei die Höhe der monatlichen Leistungen während der gesamten Auszahlungsphase gleichbleiben oder steigen müssen. Zudem kann bis zu 30 % des zu Beginn der Auszahlungsphase zur Verfügung stehenden Kapitals an den Sparer als Einmalzahlung ausgezahlt werden.

Sinn und Zweck der Altersvorsorgeverträge ist die lebenslange Einkommenssicherung des Sparers. Die Anbieter von Altersvorsorgeverträgen müssen dem Kunden bzw. Sparer zudem gemäß § 1 Abs. 1, S. 1 Nr. 3 Halbsatz 1 AltZertG zusagen, dass zu Beginn der Auszahlungsphase zumindest die eingezahlten Altersvorsorgebeiträge zur Verfügung stehen. Hierbei handelt es sich um eine Mindestzahlungszusage, die bei den Anbietern unweigerlich zu einem Haftungsrisiko führen. Es ist daher davon auszugehen, dass der Gesetzgeber das „Wie“ der Erfüllung dieser Mindestzahlungszusage bewusst nicht vorgegeben hat.

Nach einem Urteil des BGH können viele Riester-Sparer auf eine etwas höhere Auszahlung hoffen. Die Richter erklärten im November 2023 eine Vereinbarung für unwirksam, die von Sparkassen verwendet wurden. In den Verträgen hieß es, dass der Kunde gegebenenfalls Abschluss- und/oder Vermittlungskosten zahlen müsse, wenn nach der Ansparphase eine Leibrente vereinbart wurde (XI ZR 290/22). Das sei nicht klar genug und verstoße gegen das Transparenzgebot. Die Verbraucher müssen nach Ansicht des Gerichts schon beim Vertragsschluss erkennen können, was an Belastungen auf sie zukommt.

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